Die Bundesregierung hat Entlastungen bei den Strompreisen auf den Weg gebracht. Dabei geht es zum einen um eine Senkung der Netzentgelte als ein Bestandteil des Strompreises. Davon sollen auch private Haushalte profitieren. Fachverbände warnen allerdings, die Entlastung komme nicht bei allen Verbraucherinnen und Verbrauchern an. Bei der Stromsteuer soll eine Entlastung für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft verstetigt werden. 

Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche (CDU) sprach von guten Nachrichten für die Stromkunden in Deutschland. «Wir entlasten die Verbraucher, wir entlasten Unternehmen.» Eine Senkung der Stromsteuer für alle aber ist weiterhin nicht geplant.

Was ist bei den Netzentgelten geplant?

Die Netzentgelte, über die unter anderem der teure Ausbau der Stromnetze finanziert wird, sind deutlich gestiegen. Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben sie derzeit einen Anteil am Gesamt-Strompreis von rund 28 Prozent. 

Die Bundesregierung plant für das kommende Jahr einen Zuschuss in Höhe von 6,5 Milliarden Euro für die Betreiber der Übertragungsnetze. Dadurch sollen auch Kostenbelastungen der an die nachgelagerten Verteilernetze angeschlossenen Stromkunden abgemildert werden, wie es im Gesetzentwurf heißt. Das Stromnetz gliedert sich in das Übertragungsnetz – also große Überlandleitungen – für den Stromtransport über weite Strecken sowie Verteilnetze für die regionale Verteilung. Über diese Verteilnetze werden die privaten Haushalte versorgt.

Wie soll der Zuschuss finanziert werden?

Der Bundeszuschuss soll aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden, einem Sondertopf des Bundes. Insgesamt ist für die nächsten vier Jahre eine Entlastung von 26 Milliarden Euro vorgesehen, wie es in einem Papier des Wirtschaftsministeriums heißt. 2027 könnte aber ein anderer Weg eingeschlagen werden. Dann wird laut Papier eine «signifikante Bezuschussung der Offshore-Netzumlage» angestrebt – dieser muss aber die EU-Kommission zustimmen. 

Die Offshore-Netzumlage ist ein weiterer Bestandteil des Strompreises. Über diese Umlage werden unter anderem Kosten aus der Netzanbindung von Windparks auf hoher See finanziert. 

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl kritisierte, die dringend benötigte Planungssicherheit für stromintensive Unternehmen fehle nach wie vor. «Wir brauchen eine verlässliche und langfristige Senkung der Netzentgelte», sagte Hauptgeschäftsführerin Kerstin Maria Rippel.

Die IG Metall forderte, es müsse für die energieintensive Industrie schnell ein international wettbewerbsfähiger Industriestrompreis kommen. Ohne diese Entlastung drohten Tausende Arbeitsplätze in der Stahlbranche und anderen Branchen für immer verloren zu gehen.

Wie kommen Entlastungen bei den Netzentgelten an?

Der Zuschuss komme allen Unternehmen und privaten Haushalten zugute, die Strom verbrauchen, heißt es im Papier des Wirtschaftsministeriums. 
Nach einer «Überschlagsrechnung» könnten sich im bundesweiten Schnitt die Netzentgelte für Haushaltskunden um bis zu 2,4 Cent pro Kilowattstunde verringern, im Schnitt etwa um 2 Cent. Laut Bundesregierung wird eine Familie um bis zu 100 Euro im Jahr bei den Stromkosten entlastet. 

Aber: Die tatsächliche Entlastungswirkung im einzelnen Netzgebiet könne höher oder niedriger sein, hieß es. Die Entgelte für die Übertragungsnetze werden an die nächste Netzebene weitergegeben. Die Versorger geben das dann an ihre Kunden weiter, also auch an private Haushalte. Die regionalen Netzentgelte sind von Region zu Region unterschiedlich hoch. Gründe sind laut Versorger EnBW zum einen unterschiedliche Kostenstrukturen und ein unterschiedlich alter Zustand der Infrastruktur – ältere Netzinfrastrukturen haben höhere Wartungs- und Reparaturkosten, was sich auf die Netzentgelte auswirkt. Zum anderen hat der Ausbau der erneuerbaren Energien Einfluss auf die Netzentgelte, das liegt an Kosten für die Integration in die Netze.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, sagte, der Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten komme nicht gleichmäßig bei allen Stromkundinnen und -kunden an. Damit eine Entlastung auch zum Januar 2026 bei den Kundinnen und Kunden ankomme, müssten die notwendigen gesetzlichen Beschlüsse bis zum 10. Oktober gefasst werden. Nur dann könnten die Netzbetreiber den Zuschuss rechtzeitig für die Ermittlung und Veröffentlichung der Netzentgelte berücksichtigen, die dann entsprechend in die Endkundenpreise der Energieversorger einfließen. 

In einer Studie der Beratungsfirma Consentec im Auftrag der Wirtschaftsverbände VKU und ZVEI heißt es, in manchen Gebieten von Verteilnetzbetreibern würden praktisch keine Entlastungen ankommen. Dazu kommt: Die Energieversorger sind nicht verpflichtet, den Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten weiterzugeben. Reiche hatte die Branche dazu aufgefordert, dass die Entlastungen beim Kunden ankommen. 

Was ist bei der Stromsteuer geplant?

Die Stromsteuerentlastung bis auf den EU-Mindeststeuersatz soll für 
potenziell über 600.000 Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft verstetigt werden. Davon sind laut Papier des Wirtschaftsministeriums auch produzierende Handwerksbetriebe wie
Bäckereien und Konditoreien oder Metallbauer und Feinwerkmechaniker erfasst. 

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer aber schätzt, dass nur maximal 15 Prozent der Betriebe in Deutschland von der Senkung der Stromsteuer profitieren. Wirtschaftsverbände klagen seit langem über im internationalen Vergleich hohen Strompreise. Die Entscheidung zur Stromsteuer sorgt weiter für Kritik. Marie-Christine Ostermann, Präsidentin der Familienunternehmer, warf der Koalition Wortbruch vor. «Bereits jetzt rollt eine Insolvenzwelle durch den Mittelstand.» Handwerkspräsident Jörg Dittrich sprach von einem «massiven Vertrauensbruch».