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E-Ladenetz soll kundenfreundlich werden

E-Ladenetz soll kundenfreundlich werden
In einem Schnellladepark für E-Autos des Energiekonzerns EnBW am Durlach Center, einem Einkaufszentrum, wird ein Auto aufgeladen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uli Deck/dpa)

Beim Ausbau der Lade-Infrastruktur für Elektroautos wollen Anbieter den Kunden im wörtlichen Sinne entgegenkommen.

So verkündete Shell Anfang der Woche, die Firma Ubitricity kaufen zu wollen, die Lademöglichkeiten beispielsweise in Laternenmasten und Poller bauen will. Der Karlsruher Energiekonzern EnBW wiederum setzt auf «urbane Schnellladeparks», die Fahrern das Laden dort ermöglichen, wo sie das Auto im Alltag eh stehen haben.

«Wir wollen unsere Infrastruktur nicht irgendwo hinsetzen, wo jemand extra hinfahren muss», sagte Konzernchef Frank Mastiaux bei der offiziellen Eröffnung eines solchen Parks am Durlach Center in Karlsruhe. An diesem Einkaufszentrum in der Nachbarschaft des Unternehmens stehen sechs Ladesäulen mit je zwei Ladepunkten.

Anders als beim Tanken eines Verbrenners sehen die Abläufe bei E-Autos nach Einschätzung des Unternehmens anders aus: «Das Laden fügt sich in die tägliche Routine ein – ob man nun gerade einkauft, arbeitet oder zu Hause ist», sagte eine Sprecherin. Man fahre nicht extra tanken, das Laden werde in der Regel nebenher erledigt.

Je nach Berechnungen finden 15 bis 40 Prozent der Ladevorgänge im öffentlichen Raum statt – etwa an Raststätten oder auf Parkplätzen von Supermärkten. An solchen Orten will daher auch EnBW Möglichkeiten zum superschnellen Laden mit bis zu 300 Kilowatt anbieten. Abhängig vom Fahrzeugtyp könnten Nutzer in den Parks in nur fünf Minuten Ökostrom für 100 Kilometer Reichweite laden.

Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist ein umstrittenes Thema. Kürzlich hatte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, hierbei die Wohnungs- sowie Energiewirtschaft – und wegen des Tankstellennetzes an Autobahnen – die Mineralölindustrie in die Pflicht genommen. Die Autoindustrie leiste ihren Beitrag zum Ausbau, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. «Aber wir brauchen natürlich ein Netz, das auch an den Autobahnen zur Verfügung steht.»

Getrieben durch höhere staatliche Kaufprämien erlebten E-Fahrzeuge 2020 einen Verkaufsboom, auch wenn auf deutschen Straßen nach wie vor Benziner und Diesel dominieren. Die Frage ist, ob der Ausbau des Ladenetzes mit steigenden Neuzulassungen der E-Autos Schritt hält.

Aktuell gibt es nach Angaben des Energieverbandes BDEW von Anfang Dezember rund 33.000 öffentliche Ladepunkte. Aber nur jeder zehnte ist ein Schnelllader. Und je nach Region kann es passieren, dass die nächste öffentliche Ladestation nicht gerade an der nächsten Ecke ist. An den Ladepunkten kommen bisher zudem sehr unterschiedliche Preismodelle zum Einsatz, das sorgt für Ärger bei Kunden.

Die EnBW hat nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr knapp die Hälfte aller Standorte für ultraschnelles Laden in Deutschland gebaut. Damit betreibe sie mehr solcher Schnellladestandorte als Tesla und Ionity zusammen, sagte eine Sprecherin. Solche Ladesäulen der EnBW gebe es auch an jeder dritten Autobahnraststätte.

«Durchschnittlich nehmen wir jeden Tag einen neuen Standort in Betrieb», sagte die Sprecherin. Noch in diesem Jahr sollen es 1000 deutschlandweit sein. Rund 100 Millionen Euro seien bis 2025 jedes Jahr für den weiteren Ausbau geplant. Um dabei auch auf dem Land nah am Kunden zu sein, setzt der Konzern auf Partnerschaften etwa mit Baumärkten und Drogeriemärkten. Die Idee dabei: E-Auto-Fahrer suchen sich fürs Einkaufen ein Ziel, an dem sie parallel laden können.

EnBW-Chef Mastiaux betonte, dass der Ausbau der Infrastruktur nicht ohne finanzielle Hilfe des Staats möglich sei. Bis beispielsweise die Kosten für die «urbanen Schnellladeparks» ausgeglichen seien, werde es gut anderthalb Jahrzehnte dauern. Baden-Württemberg fördert die Installation mit mehreren Millionen Euro.

Die Bundesregierung hat einen «Masterplan Ladeinfrastruktur» erarbeitet. Ziel ist ein flächendeckendes und kundenfreundliches Ladenetz.

Allerdings knirscht es teils: EnBW etwa kritisiert ein geplantes Schnellladegesetz. Damit soll ein flächendeckender, über den aktuellen Bedarf hinausgehender Ausbau von Schnellladepunkten gewährleistet werden – über ein staatliches Ausschreibungssystem. Eine Förderung geht aus Sicht der EnBW aber zulasten der Anbieter, die schon Schnellladepunkte betreiben. Und wenn die Bundesregierung ihre Förderung an Preisobergrenzen für Ladevorgänge koppele, führe das «zu einem ruinösen Wettbewerb für die Bestandsinfrastruktur», heißt es in einem Schreiben, das der «Welt am Sonntag» vorlag.

Knatsch gibt es auch bei der Frage, was passiert, wenn in ein paar Jahren Millionen von E-Autos gleichzeitig abends privat in der Garage geladen werden. Ziel ist eine bessere Steuerung der Stromnetze, um die nicht zu überlasten. Einem Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium zufolge sollten Stromanbieter quasi eine Zwangsladepause verordnen können, wenn eine Überlastung drohe. VDA-Präsidentin Müller kritisierte in der «Welt am Sonntag»: «Was Spitzenglättung genannt wird, bedeutet für die Kunden leider Abschalten.» Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zog den Entwurf zurück, weil dieser nicht seine Billigung habe. Er lege «größten Wert» darauf, dass der Hochlauf der E-Mobilität schnell und für alle Beteiligten verlässlich erfolge.

Das wiederum brachte die Energiewirtschaft auf die Palme. BDEW-Chefin Kerstin Andreae schimpfte, es werde ohne Not eine «Reichweiten-Angst» herbeigeredet. Es sei klug, für kurze Zeit die Ladeleistung an die aktuelle Situation im Stromnetz anzupassen. Auch Baden-Württembergs Energieminister Franz Untersteller (Grüne) hatte vom Bund gefordert, das Gesetz «nicht zu opfern». Es gehe um einen begrenzten und genau festgelegten Eingriff der Netzbetreiber in die Stromnutzung, sagte er. «Niemand muss Angst haben, dass ihm der Strom abgeschaltet wird, das Auto nicht geladen wird oder die Wohnung kalt bleibt.»

Von Marco Krefting und Andreas Hoenig, dpa