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Energiekonzern RWE will Kohleausstieg auf 2030 vorziehen

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Okt 4, 2022 , ,
Das Ortsschild des Dorfes Lützerath, das zur Stadt Erkelenz gehört. Das Dorf soll dem Braunkohletagebau Garzweiler weichen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Henning Kaiser/dpa)

Der Energiekonzern RWE will den Kohleausstieg um acht Jahre auf das Jahr 2030 vorziehen. Das sieht eine Vereinbarung auf Eckpunkte zwischen RWE, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem NRW-Wirtschaftsministerium vor.

Zugleich sollen zwei Kraftwerksblöcke, die nach derzeitiger Rechtslage Ende des Jahres stillgelegt werden sollten, bis ins Frühjahr 2024 weiterlaufen. Damit soll die Versorgungssicherheit gestärkt und Erdgas im Strommarkt eingespart werden, wie das NRW-Wirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte.

Trotz des damit verbundenen Mehrbedarfs an Braunkohle in den nächsten 15 Monaten könnten weitere Umsiedlungen für den Braunkohleabbau sicher ausgeschlossen werden, hieß es. Ein Erhalt der Siedlung Lützerath sei aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich und daher auch nicht Gegenstand der Vereinbarungen. Umweltschützer und Anwohner in der Region hatten darauf gehofft, dass Lützerath bleiben darf. Nun sollen die Häuser abgerissen werden.

Grüne Lang: 280 Millionen Tonnen Braunkohle bleiben im Boden

Die Grünen Co-Vorsitzende Ricarda Lang bezeichnete die erzielte Verständigung auf einen früheren Kohleausstieg als «großen Erfolg» für den Klimaschutz. Lang sagte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag: «Der Kohleausstieg im Rheinischen Braunkohlerevier ist beschlossene Sache, er wird um ganze acht Jahre vorgezogen. Die Region wird zum Vorbild und zeigt: Der Kohleausstieg 2030 ist nicht nur notwendig, sondern möglich. Die heutige Einigung muss den Weg weisen für einen bundesweiten Kohleausstieg 2030.» Dieser ist bisher bis spätestens 2038 geplant.

«Indem wir früher aufhören, Kohle zu verfeuern, bleiben 280 Millionen Tonnen klimaschädlicher Braunkohle im Boden und 280 Millionen Tonnen CO2 aus der Luft», so Lang. «Den Beschäftigten weist die geplante Umrüstung auf wasserstofffähige Kraftwerke eine Perspektive für die Zukunft.»

Lang sagte weiter, dass zwei RWE-Kraftwerksblöcke nicht 2022, sondern wenige Jahre später vom Netz gehen, sei ein schwieriger Schritt. Damit werde aber Versorgungssicherheit in der akuten Energiekrise gewährleistet.

Vorzeitiger Ausstieg auch in Ostdeutschland gefordert

Die Ampel-Koalition auf Bundesebene hat zum Ziel, den bisher spätestens bis 2038 geplanten Kohleausstieg in Deutschland «idealerweise» auf 2030 vorzuziehen, wie es im Koalitionsvertrag heißt.

Nach der Entscheidung des Energiekonzerns RWE fordert der Grünen-Politiker Michael Kellner dasselbe Zieldatum auch für Ostdeutschland. «Jetzt gilt es, auch in Ostdeutschland das Ausstiegsziel 2030 anzupeilen», erklärte der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag in Berlin. «Es wäre fatal, wenn in Ostdeutschland ökonomische Zukunftschancen verspielt würden, weil die Ministerpräsidenten von SPD und CDU an dreckiger Kohle festhalten wollen.»

Kritik aus der FDP und Union

Aus der FDP kommt indes deutliche Kritik am geplanten früheren Kohleausstieg im Westen Deutschlands. Fraktionsvize Lukas Köhler sagte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag, der in der Koalition nicht abgestimmte Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur Änderung des Kohleausstiegsgesetzes berge «erhebliche Risiken». Der FDP-Energiepolitiker Michael Kruse sagte: «Politisch festgelegte Abschalttermine haben unser Energiesystem angreifbar gemacht, diesen dramatischen Fehler sollte Robert Habeck nicht wiederholen.»

Die Union hat den geplanten Weiterbetrieb von Braunkohlekraftwerken in NRW als notwendigen Schritt bezeichnet – dem aber weitere folgen müssten. «Um eine Notlage abzuwenden und Preise zu begrenzen müssen jetzt kurzfristig alle Möglichkeiten der Energieerzeugung genutzt werden», sagte Andreas Jung, klima- und energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, am Dienstag. Es passe aber überhaupt nicht zusammen, klimaschädliche Braunkohle bis 2024 zu reaktivieren, das «CO2-neutrale» Kernkraftwerk in Lingen aber zum Jahresende 2022 abzuschalten.

Die Linke kündigt unterdessen Widerstand gegen die Förderung der Braunkohle unter der Siedlung Lützerath im Rheinischen Revier an. Die Entscheidung, mitgetragen von den Grünen, sei «einfach nur grotesk», sagte Parteichefin Janine Wissler am Dienstag in Berlin. «Wir sind der Meinung, Lützerath muss bleiben.» Den Ort für die Gewinnung von Braunkohle abzubaggern, widerspreche auch den Klimazielen. «Deshalb muss das verhindert werden.»