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Nach Wirecard-Skandal: Mehr Expertise für die Finanzaufsicht

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Feb 3, 2021
Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Die Bafin war nach dem Wirecard-Skandal stark in die Kritik geraten. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Kay Nietfeld/dpa)

Im milliardenschweren Betrugsskandal beim früheren Börsenliebling Wirecard haben die Aufsichtsbehörden Fehler gemacht – das hat inzwischen auch Finanzminister Olaf Scholz eingeräumt.

Jetzt krempelt der SPD-Politiker die Finanzaufsicht Bafin um: neue Chefetage, mehr Fachwissen, straffere Strukturen. «Ich will eine Finanzaufsicht mit Biss, ich will eine harte Kontrolle der Finanzmärkte», kündigte der Vizekanzler an. Doch die Opposition ist nicht überzeugt, dass er das auch schafft. Und auch beim Koalitionspartner zeigt man sich wenig beeindruckt.

In der vergangenen Woche hatten bereits Bafin-Chef Felix Hufeld und Vizechefin Elisabeth Roegele den Hut genommen – nur wenige Tage nachdem die Bafin den Verdacht geäußert hatte, ein Mitarbeiter könnte dank Insiderwissen mit Wirecard-Papieren Geschäfte gemacht haben. Generell sei der Fall Wirecard für die Bafin nicht ideal gelaufen, hatte Hufeld zuvor bereits eingeräumt. «Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert.»

Weder der Finanzaufsicht noch den Wirtschaftsprüfern von EY war der mutmaßliche jahrelange Milliardenbetrug von Wirecard aufgefallen. Inzwischen hat der insolvente frühere Dax-Konzern Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt, nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnte der tatsächliche Schaden noch viel größer sein.

Finanzstaatssekretär Jörg Kukies räumte ein: «Es ist unbestritten, dass Fehler gemacht wurden.» Ein Wechsel an der Spitze der Behörde allein ist der Bundesregierung daher nicht genug – eine Beratungsfirma hat grundlegende Schwächen in der Struktur der Bafin aufgedeckt.

Scholz will vor allem für mehr Fachkompetenz sorgen. Die Bafin soll mit Experten für Wirtschaftsprüfung und Bilanzanalyse verstärkt werden. Sie müsse künftig auf Augenhöhe mit Bilanzrechtsexperten agieren können, sagte Kukies. Bislang gibt es lediglich fünf Mitarbeiter mit Wirtschaftsprüferexamen, wie aus der Antwort auf eine Anfrage des Linken-Finanzpolitikers Fabio De Masi hervorgeht. «Man fragt sich daher, wie die Arbeit bisher erledigt wurde», betonte De Masi.

Scholz will außerdem, dass eine sogenannte Fokusaufsicht künftig die Kontrolle über komplexe Unternehmen aus einer Hand übernimmt. Im Fall Wirecard war die Bafin formal nur für einen Teil des Unternehmens, die Wirecard Bank, verantwortlich gewesen. Mehrere Behörden stritten um die Zuständigkeit für den Gesamtkonzern.

Um selbst Sonderprüfungen durchführen zu können, soll die Bafin zudem eine Taskforce mit besonders ausgebildeten Spezialisten bekommen, eine Art schnelle Eingreiftruppe bei Verdachtsfällen. De Masi betonte, nötig sei «eine echte forensische Elitetruppe mit Spitzengehältern» und moderne Technologie wie künstliche Intelligenz.

Auch Hinweise von Analysten, Shortsellern und Journalisten auf mögliche Unregelmäßigkeiten in Unternehmen sollen künftig ernster genommen werden. Wertvolle Erkenntnisse von Whistleblowern sollten «systematisch erfasst und ausgewertet werden», hieß es im Finanzministerium. Auch das war im Fall Wirecard schief gegangen, wo es schon Jahre vor Auffliegen des Skandals immer wieder Hinweise gegeben hatte, dass bei dem Unternehmen nicht alles mit rechten Dingen zuging.

«Die geplante Reform macht die Aufsicht schlagkräftiger, straffer und wirksamer», kündigte Scholz an. Schnelle personelle Wechsel wird es dagegen kaum geben. Hufeld und Roegele scheiden tatsächlich erst im Frühjahr aus. Zur Nachfolge äußerte sich Scholz zunächst nicht konkret, betonte aber: «Entscheidungsprozesse auf Leitungsebene müssen effizienter und effektiver getroffen werden.» Es werde jetzt weltweit nach der besten Führung für die Bafin gesucht.

Der Finanzpolitiker der Grünen, Danyal Bayaz, forderte, dass der Bundestag an dieser Suche beteiligt wird. «Diese personelle Entscheidung muss sitzen, da können wir uns keinen Fehlgriff leisten», sagte er. Die neue Spitze müsse fachliche Kompetenz und Erfahrung mitbringen, aber auch einen dringend notwendigen Kulturwandel bei der Bafin einleiten. FDP-Fraktionsvize Florian Toncar schlug einen Experten aus dem Ausland vor. De Masi kritisierte, die gesamte Reform greife zu kurz. «Olaf Scholz backt kleine Brötchen», kritisierte er. Wenn die Bafin eine Elitetruppe werden solle, müsse auch deutlich mehr Geld eingeplant werden.

Auch beim Koalitionspartner kommen Scholz‘ Pläne nicht gut an. CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach bewertete die Reform als «völlig unzureichend». Vor allem müsse die Finanzaufsicht unabgängiger werden – dazu aber sage Scholz überhaupt nichts, kritisierte er. Der Vizekanzler dagegen präsentiere nur monatealte Überschriften. «Scholz täuscht wieder einmal Tatkraft vor, wo Stillstand herrscht», betonte er.

Von Theresa Münch, dpa