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Habeck: Deutschland könnte Gasboykott im Winter überstehen

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Mai 12, 2022 ,
Wirtschaftsminister Robert Habeck macht sich für das Energiesparen stark. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält es für möglich, dass Deutschland schon im kommenden Winter einen russischen Gasboykott verkraften könnte.

«Wenn wir zum Jahreswechsel volle Speicher haben, wenn zwei der vier von uns angemieteten schwimmenden LNG-Tanker schon am Netz angeschlossen sind und wenn wir deutlich an Energie sparen, können wir im Fall eines Abrisses der russischen Gaslieferungen einigermaßen über den Winter kommen», sagte Habeck der «Wirtschaftswoche».

Zehn Prozent einsparen

Habeck plädierte erneut für Energiesparen. «Weniger Verbrauch ist das A und O beim Gas.» Wenn es gelinge, zehn Prozent einzusparen über die nächsten zwei Jahre in der Industrie und bei privaten Haushalten, so der Minister, «dann sind das die entscheidenden Prozente, um nicht in eine Notlage zu geraten. Da sollten alle mitmachen. Mehr Effizienz ist ein wesentlicher Hebel gegen Putin», sagte er.

Zwei der vier für Deutschland georderten Flüssiggas (LNG)-Schiffe ersetzen laut Habeck bereits knapp ein Viertel der russischen Erdgas-Importe. Trotz der Fortschritte warnte Habeck im Gespräch mit der «Wirtschaftswoche» vor den wirtschaftlichen Risiken eines Gas-Stopps: «Auch unter den genannten Voraussetzungen wären die Gaspreise dann sicherlich sehr hoch und die Speicher am Ende des Winters leer.»

Deutschland ist stark von russischem Gas abhängig. Forderungen etwa nach einem Gasembargo sind daher umstritten. Jüngsten Angaben des Wirtschaftsministeriums zufolge sank die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas seit Kriegsbeginn immerhin von zuvor 55 Prozent auf etwa 35 Prozent. Bis Sommer 2024 ist demnach eine schrittweise Verringerung auf zehn Prozent des Gasverbrauchs möglich.

Gas-Transit durch die Ukraine geringer

Nach den von Russland verhängten Sanktionen gegen ehemalige Tochtergesellschaften von Gazprom im Ausland ist der Gas-Transit durch die Ukraine nach Europa deutlich gefallen. Das Auftragsvolumen für die Durchleitung russischen Gases lag nach Angaben des ukrainischen Netzbetreibers OGTSU am Donnerstag bei nur noch 53,2 Millionen Kubikmeter.

Laut dem aktuellen Transitvertrag können täglich maximal 110 Millionen Kubikmeter russisches Gas durch die Ukraine nach Europa gepumpt werden. Am Dienstag lag das Auftragsvolumen nach russischen Angaben noch bei 95,8 Millionen Kubikmetern. Am Mittwoch war die Gasmenge auf 72 Millionen Kubikmeter gefallen, weil die Ukraine kriegsbedingt einen Strang durch die schwer umkämpfte Region Luhansk geschlossen hatte. Nun ist sie noch einmal um mehr als ein Viertel gefallen.

Ob der drastische Rückgang mit den Sanktionen zusammenhängt, ist offen. In den vergangenen Wochen wurden mehrfach vergleichbare Mengen durch das ukrainische Pipelinesystem geleitet. Zuletzt war die Transitmenge am 24. April mit 53 Millionen Kubikmetern ähnlich niedrig.

Am Mittwoch hat die russische Regierung Geschäfte mit Gazprom Germania und anderen ehemaligen Tochtergesellschaften des russischen Staatskonzerns Gazprom im Ausland untersagt. Die Regelung betrifft insgesamt 30 Firmen in Europa und eine in den USA und gilt vorerst bis zum 30. September. Gazprom Germania war Anfang April unter staatliche deutsche Kontrolle gestellt worden.